Auf & ab, Hin & her, vor, zurück, zur Seite - ran 💃


Oder auch "Wenn sich alles im Kreis dreht, ist es Zeit, zu tanzen", wie der WhatsApp Status einer Freundin lautet 😋

Dämmerlicht in Vancouver


Herzlich Willkommen zurück auf meinem Blog! Schön, dass ihr wieder reinschaut 😊

Ich weiß, ich weiß...eigentlich war dieser Blogpost vor einer Woche fällig...ich werde euch heute erzählen, warum das nicht möglich war. Denn vor ungefähr 1,5 Wochen hatte ich meinen ersten richtigen Tiefpunkt dieser Reise.

Raincouver macht seinem Namen alle Ehre

Ich musste leider aus dem Zimmer ausziehen, in dem ich die erste Woche gewohnt habe, weil ich mich zu spät dazu entschieden habe, noch eine weitere Woche im Hostel ranzuhängen. Ich bin mit einem lachenden und einem weinenden Auge gegangen, denn einerseits war es schon etwas komisch, mit zwei Männern zusammen zu leben, denen es nichts ausmacht, trotz einer Frau im Zimmer nachts bei offener Tür die Toilette zu benutzen oder die Flatulenzen in völligem Genuss auszuleben. Trotzdem waren die beiden auch sehr angenehme Mitbewohner. So haben wir abends vor dem Schlafen immer ein, zwei Stunden gequatscht und unser Schlafrhythmus hatte sich auch angepasst (sie ursprünglich gegen vier Uhr morgens, ich teilweise um 20 Uhr 😆 haben uns dann auf 0 Uhr geeinigt).
Ich hatte Glück vorm Unglück - um elf Uhr musste ich auschecken und hätte bis 14 Uhr warten müssen, um ein neues Zimmer zu beziehen. Mir war schon bewusst, dass ich nicht im Zimmer bleiben könnte, doch leider musste ich auch noch eine Etage weiter runter ziehen. Näher an die Gemeinschaftsräume und näher an die sehr laute Bar. Doch die Mitarbeiterin teilte mir mit, dass ich auch ohne zu warten sofort das nächste Zimmer beziehen könnte. Klar, dachte ich und freute mich, denn am Nachmittag hatte ich auch ein Bewerbungsgespräch bei Starbucks und dachte schon, ich müsste dort mit Sack und Pack anrücken 😅 Doch noch hatte ich das Zimmer nicht gesehen. Dieses lag GENAU über der Bar. Die sehr sehr sehr laute Bar, ausgestattet mit guten Boxen und ganz großartig gutem Bass. 😫 Die Aussicht zeigte die 2m entfernte Häuserwand des nächsten Gebäudes und das Zimmer war so dreckig...auf dem Boden lagen Chipstüten, Bierdosen und sogar Kondome verteilt. Zu viel für mich. Ich musste mich erstmal hinsetzen und alles sacken lassen. Plötzlich klingelte mein Handy. Dran war der Supermarkt, bei dem ich einen Tag vorher ein Bewerbungsgespräch hatte. Mein erstes Bewerbungsgespräch auf Englisch lief sehr gut, ich wusste aber nicht, ob ich den Job haben wollte, denn sie zahlten sehr schlecht. Die Entscheidung wurde mir auch abgenommen, denn sie riefen an, um mir abzusagen. Damit hatte ich so gar nicht gerechnet. Zum Glück habe ich noch das Bewerbungsgespräch bei Starbucks, trotzdem hatte ich plötzlich keine Lust mehr und ich habe überlegt, warum ich das Ganze überhaupt mache. Das wäre doch superdumm, wenn ich zurück nach Deutschland müsste, weil ich zu unfähig bin, hier einen Job zu finden! Und dann noch dieses Zimmer...hier würde ich mich doch nie wohlfühlen und ich musste nun eine Woche hierbleiben. Dazu hatte ich irgendwie die Vermutung, dass jemand hier im Zimmer wohnen würde, mit dem ich irgendwie nicht ganz so gut klarkam.
Zum Glück war es in Deutschland zu diesem Zeitpunkt erst Abend und so hat Tommi angeboten, kurz zu skypen. Aus dem kurzem Skypen wurde ein sehr langes skypen, aber am Ende hat er mich überzeugt, dass ich einfach geduldig sein muss und dass es schon irgendwie weiter gehen wird. Okay. Also durchatmen. Kurz nach unserem Gespräch kam auch ein neuer Mitbewohner ins Zimmer, der zum Glück total nett war. Er kam auch aus Deutschland und macht mit einem Kumpel zusammen eine dreimonatige Reise durch die USA und Kanada. Wir konnten echt gut quatschen und ich war etwas beruhigter. Dann musste ich mich auch schon auf den Weg zum Bewerbungsgespräch bei Starbucks eine Straße weiter machen. Ich war etwas zu früh, aber lieber so, als zu spät 😊 Ganz selbstbewusst bin ich also rein, habe mich vorgestellt und wurde ans Ende der Bar zum Warten gebracht. Wo ich dann auf die Schn*** fiel. Denn mein Bewerbungsgespräch war nicht, wie ich dachte, um 16:30 Uhr...sondern um 12:30 Uhr 😳 Erdboden, tu dich auf und verschling mich! Leider hat sich nämlich herausgestellt, dass mein Handyanbieter in Vancouver doch keine so gute Netzabdeckung anbietet, so kann ich kaum telefonieren, weil ich meine Gesprächspartner nicht verstehe...hier musste es sich allerdings um ein klassisches Missverständnis handeln, denn ich habe sie am Telefon fünf mal gefragt
"4:30?"
"4:30!"
"Yes, so 4:30 tomorrow afternoon"
"4:30!"
"Okay, I'll be there at 4:30 pm"
"Okay, at 4:30".
Aus ihrer Perspektive verlief das Gespräch wahrscheinlich genauso, nur mit 12:30 als Uhrzeit...egal. Kann man nicht ändern. Habe trotzdem mein Interview bekommen. Mit dem Schichtleiter. Die Fragen waren lächerlich: "Was machst du, wenn ein Kunde sich beschwert?" "Ein Kunde betritt den Laden, was machst du?". Genau die gleichen Fragen wurden mir auch damals im Starbucks in Potsdam beim Bewerbungsgespräch gestellt. Am Ende meinte er nur achselzuckend "Du kennst Starbucks schon und die Fragen hast du auch alle richtig beantwortet. Ich denke, du bist drin". Mh, peinlich war es mir trotzdem. Was war nur los mit mir? Ich habe mich dazu entschieden, statt ins muffige, dunkle, dreckige Zimmer zurückzugehen, lieber in der Sonne und am Hafen zu lesen. Dieses Buch passte nur zu gut in meine Situation...In der ersten Nacht sollte ich dann lernen, was es heißt, im Hostel der angesagtesten Bar der Stadt zu schlafen. Meine Ohrstöpsel waren vollkommen überflüssig, denn durch den Bass haben nicht nur die Metallspinde vibriert, sondern auch das ganze Bett! "Na gut, heute ist Party. Für die eine Nacht würde es schon gehen", dachte ich. Und wusste noch nicht, dass jeden Abend Party in der Cambie Bar ist 😅

Bei so tiefhängenden Regenwolken sind nicht mal mehr die Berge erkennbar

Am nächsten Morgen bin ich mit Bob Marleys "Don't worry, be happy" im Ohr aufgewacht und hatte den ganzen Tag einen Ohrwurm von den Lied. Das kann doch nur bedeuten, dass es ein guter Tag wird oder? 😋 Ich war relativ früh wach und war eine Runde im Stanleypark laufen, um die Gedanken zu sortieren. Dabei habe ich überlegt, warum ich mich eigentlich so herunterziehen lasse. Die Situation würde ja nicht ewig so sein. Ich werde noch eine Woche im Hostel schlafen, ab sofort sparsamer leben und nur noch selbst kochen und das mit dem Job würde auch schon irgendwie klappen. Es ist ein doofes Gefühl, eine Absage zu bekommen, weil man dann schnell das Gefühl entwickelt, nicht gut genug zu sein. Aber manchmal, wie in diesem Fall, passen die Umstände nicht. Dem Supermarktmanager war es einfach zu heikel, mich trotz meiner Reisepläne einzustellen. Das sagt rein gar nichts über meine Eignung aus. Mir ist zudem aufgefallen, dass ich immer zu viel zurück schaue und überlege, warum etwas falsch gelaufen ist. Aber dieses Jahr soll dazu dienen, mich weiterzuentwickeln. Dazu gehört auch, immer nach vorne zu schauen. An dieser Situation konnte ich also folgendes ändern: So viel Schlaf wie möglich bekommen, bevor die Party in der Bar beginnt. Mir in Anschluss an die Woche in dem Hostel ein anderes buchen. Und verdammt nochmal einen Job finden! Auf den letzten Punkt habe ich am wenigsten Einfluss, ja. Aber ich habe einen. Also bin ich zwei Stunden lang kreuz und quer durch den Stanleypark erst gelaufen, dann gegangen und habe mir immer wieder wie im Mantra gesagt "Ich werde einen guten Job haben". Leise oder im Gedanken, wenn Menschen in der Nähe waren, oder laut, wenn niemand zu sehen war 😁
Zurück im Hostel habe ich mir ein paar mal meinen Lebenslauf ausdrucken lassen, um mit diesem durch die Stadt zu ziehen....
Steamclock in Gastown
Exkurs: Wie findet man denn in Kanada einen Job?
  1.  Im Internet auf der Website des Wunscharbeitgebers. Hier sind entweder Jobs ausgeschrieben oder du bewirbst dich initiativ, indem du Lebenslauf und Bewerbungsschreiben hinschickst.

    Pro: So kannst du dir im besten Fall Mitarbeiterrabatte bei deinem Lieblingslabel sichern

    Contra: Ich habe so gar keine Rückmeldungen bekommen..keine Zusage, keine Absage, nicht mal die Bestätigung, dass die Bewerbung angekommen ist
  2. Auf CraigsList. Hier sind UNZÄHLIGE Jobs aller Art ausgeschrieben und jeden Tag kommen neue hinzu.

    Pro: Dishwasher, Bauarbeiter, Tiersitter...hier findet man fast alles

    Contra: YouTubeKanalManager für 7 Jährige oder Darsteller in Erwachsenenfilmen...hier findet man fast alles.
  3. Offline: Hier hängt in jedem zweiten Geschäft ein Zettel im Schaufenster, dass Arbeiter gesucht werden. Also einfach mit offenen Augen und einem Stapel Lebensläufe durch die Stadt ziehen

    Pro: So stellst du sicher, dass die Arbeit nicht ganz so weit vom Hostel entfernt ist - kurze Arbeitswege! Außerdem suchen Geschäfte, die einen Aushang haben, SEHR dringend Hilfskräfte und sind somit bereit, dich schnellstmöglich einzustellen
    Vancouver Chinatown Millenium Gate

    Contra: So nimmt man leicht jede Art von Arbeit an...Ahornsirup verkaufen? Klar. Tellerwaschen im Sushiladen? Kein Ding. Aber man denkt schnell nicht mehr über den Tellerrand hinaus
Ich persönlich bin den letzten Weg gegangen, weil ich es mir nicht leisten kann, auf meinen Traumjob zu warten. Trotzdem würde ich nebenbei immer weiter Bewerbungen schreiben. Manche Jobs müssen erst gefunden werden. Solange braucht man halt etwas anderes 😉 Ich würde jedem empfehlen, auch auch mal weiter zu denken und bei den Bewerbungen mutig zu sein. Manchmal suchen Arbeitgeber so dringend, dass sie auch darüber hinwegsehen, dass geforderte Kompetenzen (noch!) nicht da sind (Und was mir eine Mitstudierende geraten hat: im Bewerbungsgespräch lügen. Ja, es stimmt leider, manchmal kommt man nicht drumrum. Ich hasse es, aber nur so bin ich auch an meinen neuen Job gelangt...)

Bei meiner Laufrunde am Morgen hatte ich einen Aushang bei einem Italienischen Restaurant am Hafen gesehen, dass diese Server und Dishwasher einstellen würden...Na eine von beiden Stellen würde ich doch bekommen! 😁 Dies war also meine erste Anlaufstelle an diesem Tag. Passend zu meiner Kampfstimmung kam auch die Sonne raus - perfekt! Im Laden selbst war eine sehr nette Mitarbeiterin, die sich darüber gefreut hat, dass ich mich bewerben will 😊 Sie sagte mir, dass sich die Managerin am gleichen Nachmittag, spätestens am nächsten Tag bei mir melden würde. Ich bin gerade mal eine Ecke weitergekommen, bis diese mich schon anrief 😄 Sie fragte, ob ich Erfahrungen in der Gastronomie habe (Ja) und ob ich schon einmal serviert habe (Nein). Ich bejahte beides mit dem Gedanken, dass man es schon als Servieren definieren könnte, wenn man älteren Gästen ihre Getränke bringt, statt sie sich selbst holen zu lassen und an die Mitstudierende, die auch nur über diesen Weg an einen Job während ihres Working Holidays gelangt ist. Prima, ich solle am nächsten Tag mit Sachen in "all beautiful black okay?" zum Probearbeiten kommen. Krass! Das ging schnell. Eigentlich war ich gerade auf dem Weg zu einem Geschäft für Laufklamotten, um mich initiativ zu bewerben (siehe EXKURS, Punkt 1, Proargument 😉), aber jetzt mussten schnelunigst "all beautiful black" Klamotten her! Schon bei der Landung in Vancouver und auf dem Weg vom Flughafen zum Hostel habe ich ein Outletcenter gesehen, von dem auch mein Mitbewohner geschwärmt hatte. Gut, dass ich schon die Compasscard habe, die man einfach auflädt und mit der man dann die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen kann 😋 Eine halbe Stunde später war ich vor Ort. Mannomann...ein ganzes Dorf voller Geschäfte. Wo fängt man da an? Ich habe mich dazu entschieden, einfach Geschäft für Geschäft zu durchstöbern. Auf meiner Einkaufsliste standen:
- Eine schwarze Hose (Hosen kaufen..na super 😣 Macht so absolut gar keinen Spaß mit meinen Beinen)
- Ein schwarzes Oberteil
- Ein schwarzes Paar Schuhe (neue Schuhe brauchte ich eh 😋)

Das erste Geschäft war gleich GAP. Schluck. Ich wusste, dass die Marke relativ bekannt ist, konnte sie allerdings preislich nicht einordnen. Egal, einfach reinmarschieren und schauen. Drinnen wurde ich dann überrascht. Preislich ist es tatsächlich ganz okay! Ich habe ungefähr 150 Dollar für alles veranschlagt und hier würde ich besser wegkommen, als gedacht. Also ein paar schwarze Oberteile und eine schwarze Hose geschnappt und ab in die Umkleide...Zweite Überraschung: die Hose war zu groß! Wow! Das letzte mal ist mir das mit zehn Jahren passiert 😂 Ich konnte die Hose getrost zwei Nummern kleiner nehmen und fühlte mich großartig 😋 Zwischen den Oberteilen konnte ich mich nicht entscheiden, also nahm ich einfach das günstigte. An der Kasse dann die dritte Überraschung: die Klamotten waren nicht nur sehr günstig, ich habe auch noch 40% Rabatt drauf bekommen 😂😂😂 Insgesamt habe ich also für eine Hose und ein Oberteil von GAP ungefähr 35 € bezahlt! Knaller. Motiviert von meinen Schnäppchen ging es jetzt ans Schuhekaufen. Ich bin es schon gewohnt, mit Schuhgröße 42/43 eher nach Männerschuhen Ausschau zu halten und wurde bei Asics schließlich auch fündig 😊 Der Verkäufer war sehr nett und hat mir fürs Probearbeiten alles Gute gewünscht. Cool, läuft wieder!

Am Abend habe ich mich noch mit Chris getroffen. Wir sind zum Commercial-Drive gefahren, um dort etwas zu essen. Chris hat mir erzählt, dass das Viertel früher ziemlich heruntergekommen war und nur die ärmeren Leute hier gewohnt haben. Sie haben hier Garagen gehabt, in denen sie Autoservices angeboten haben. Angelockt durch die günstigen Mieten begannen dann irgendwann Künstler, sich hier niederzulassen und das Viertel Stück für Stück aufzuwerten. Irgendwann kamen dann auch die Studierenden, um hier zu leben und so hat sich das Viertel über die Jahre zu einer der beliebtesten Wohngegenden entwickelt. Heute sind die Mieten dort kaum noch zu bezahlen.
Chris hat mir hier sein Lieblingsrestaurant gezeigt, das Stormcraw. Ein unglaublich cooler, gemütlicher Laden, fast wie das Hafthorn in Potsdam, nur die Nerdvariante - hier sind Bilder, Figuren, Bücher, Plüschtiere, Plakate und weiterer Merchandise von StarWars, Herr der Ringe, Game of Thrones, Star Trek und anderen Serien, Filmen, Büchern, Comics und was weiß ich was allem vorhanden 😍 Absolutes Highlight: an einer Wand hingen Bilder mit Autogrammen berühmter Persönlichkeiten, die im Lokal zu Besuch waren. Fast die komplette Game of Thrones Besatzung hat hier schon geschmaust 😊 Bei Stormburger (Game of Thrones) und Butterbeer (Harry Potter) haben wir uns unterhalten, bis plötzlich ein Pubquiz begann! Wir haben nicht teilgenommen, aber doch mitgeraten. Es war unheimlich lustig und wir waren mit unseren Antworten oft nicht mal so verkehrt 😋
Zurück im Hostel dann die Ernüchterung...meine Vermutung hatte sich bestätigt - mein Mitbewohner im neuen Zimmer war wie befürchtet jemand, mit dem ich nicht ganz so gut auskam. Egal. Nur eine Woche.

Das Probearbeiten am nächsten Tag verlief sehr gut, sodass ich am Wochenende wiederkommen durfte. Danach bin ich weiter durch die Stadt getingelt. Dabei habe ich den English Bay entdeckt! Ein wunderschöner Strand. Die Sonne ging gerade unter, sodass das Dämmerlicht eine unheimlich schöne Atmosphäre geschaffen hat:

Sonnenuntergang im English Bay
Inukshuk am English Bay

Leider habe ich hier meinen Kameradeckel verloren, aber lieber diesen als irgendwas Wichtiges (nachdem ich mein Handy im Zeitungsladen liegen gelassen habe oder meine Kreditkarte am Tresen des Hostels...). Anschließend habe ich mir Pommes geholt und diese draußen in der sommerlich milden Abendluft genossen. Plötzlich kam eine Frau auf mich zu, die fragte, wo das nächste McDonalds ist und ob ich ihr eine zwei Dollarmünze in zwei ein Dollarmünzen tauschen könne...mir kam das etwas komisch vor, deshalb habe ich mein Portemonnaie in der Tasche gelassen und so die Münzen herausgeangelt. Ich habe sie ihr gegeben und sie hat mir gesagt, dass sie meinen Akzent möge, wo ich herkomme und gleichzeitig, ob ich ihr auch einen Schein tauschen könne. Das habe ich verneint, weil ich nichts weiter dabei hatte. Ich wollte ihr gerade sagen, dass ich noch meine zwei Dollar bekommen will, als sie sich plötzlich herumdrehte und schnell wegging. Mit meinem Geld noch in der Hand 😟 Ich habe mich unheimlich über mich selbst geärgert, weil ich schon ein doofes Gefühl hatte und nicht auf mein Bauchgefühl verlassen habe. Auf der anderen Seite habe ich aber auch versucht, mich nicht ganz so sehr davon runterziehen zu lassen, schließlich bin ich ja mit einem blauen Auge davon gekommen. Quasi einmal Wäschewaschen. Trotzdem hat die Situation dazu geführt, dass ich mich nun nicht mehr ansprechen lassen werde. Leider gibt es in Vancouver auch sehr viele obdachlose und kranke Menschen, die einen immer wieder ansprechen.

Das Wochenende habe ich wieder mit Probearbeiten verbracht. Allerdings konnte mir noch keiner so ganz genau Auskunft darüber geben, ob ich den Job nun habe oder nicht. Ein Bewerbungsgespräch hatte ich auch nicht. Deshalb hab ich mich noch nicht so richtig getraut, mich über den Job zu freuen. Erst als ich im Schichtplan stand wusste ich, dass es geschafft war 😁 Später habe ich mitbekommen, dass dies gar nicht so selbstverständlich war - Eine Bewerberin hatte sich zwei Monate zuvor beworben! Doch um wirklich eingestellt zu werden, brauchte ich noch ein Serve it Right Zertifikat, das ich mir eh holen wollte, weil auf meiner Bucketlist auch steht, mein Geld mit Barkeepern zu verdienen 😋 Dieses braucht man, wenn man in gastronomischen Einrichtungen arbeitet, die Alkohol ausschenken. Man erhält es nach einer Onlineschulung, die folgende Bausteine enthält:
  1. Das Programm an sich: Was ist "Serve it Right"? Wer braucht es? Welche Rolle spielt Alkohol in unserer Gesellschaft? Welchen Einfluss hat der verantwortungsbewusste Umgang mit Alkohol?
  2. Effekte von Alkohol und Betrunkenheit, Umgang mit betrunkenen Gästen, verantwortungsbewusster Ausschank von Alkohol und rechtliche Regelungen, Folgen und Konsequenzen bei Verstoß gegen diese Regelungen, Minimierung des Risikos der Schuldzuweisung bei einem alkoholbedingten Unfall des Gastes
  3. Durchsetzung des Programmes am Arbeitsplatz. Welche Bestandteile hat ein Programm zum verantwortungsbewussten Ausschank von Alkohol? Wie kann eine professionelle Atmosphäre dazu führen, dass Gäste nicht zu viel Alkohol genießen? Wie kann man als Team in dieser Hinsicht zusammenarbeiten?
Heute, eine Woche nach meiner ersten Schicht, bin ich ganz gut eingearbeiten. Ich habe einen 15-köpfigen Kindergeburtstag mitsamt italienischer Eltern gewuppt, wurde von einer sehr freundlichen Frau nach Los Angeles eingeladen, weil ich sie an ihre eigene Tochter erinnere, hab erfolgreich einen Verkupplungsversuch eine Brasilianers mit österreichischen Wurzeln abgewehrt, der mich mit seinem Sohn verheiraten wollte und mich mit den Leuten in der Küche gut gestellt. Wer noch nie in der Gastronomie gearbeitet hat: stellt euch mit der Küche gut. Immer. Dankt mir später 😉

Die Lionsgate Bridge im Stanleypark

Einer meiner absoluten Lieblingsorte hier in Vancouver ist neben dem wunderschönen Stanleypark mit seinen Wäldern (weitere Bilder unten) auch die Terasse an der Spitze der Canadian Trail Halbinsel. Hier gibt es ein kleines Podest mit Aussicht auf die Berge und den Bay auf der einen Seite und der Stadt auf der anderen Seite. Morgens ist der Platz perfekt, um Kaffee in der aufgehenden Sonne zu genießen (ist mittlerweile mein Ritual vor der Arbeit geworden 😊) oder sich nach dem Morgenlauf zu dehnen. Mittags kann man hier im Sonnenschein sein Lunch genießen und abends die untergehende Sonne und die funkelnden Lichter der Stadt bestaunen. Der Ort ist perfekt, um abzuschalten, weil er trotz vieler Touristen sehr leise ist. Man kann hier beobachten, wie die Wasserflugzeuge starten und landen oder riesige Dampferschiffe betrachten, die gerade in Vancouver ankern. Einige davon sind ganze Dörfer für sich. Und wenn ganz gutes Wetter ist und die Luft klar, kann man sogar einen Berg in Seattle, Amerika sehen - den Mount Baker 😱 Dieser ist immerhin gute 110 km von Vancouver entfernt.

Ganz leicht ist links der Mount Baker im Staat Washington in Amerika zu sehen



Terasse an der Spitze des Canadian Trail

Kreuzfahrtschiff im Hafen von Vancouver
Siwash Rock im Stanleypark


Mittlerweile habe ich aber nicht nur einen neuen Job, sondern bin auch umgezogen. In das St. Clair Hostel, zwei Straßen weiter und etwas näher an meiner Arbeit dran 😊 Ich habe mir hier ein Bett in einem Vierbettzimmer reserviert. Bei meiner Ankunft war der Mitarbeiter schon mal viel freundlicher, als die Leute im alten Hostel. Er reichte mir den Schlüssel, ich habe bezahlt, wir haben kurz gequatscht und fertig war der Umzug. Ich bin dann mit meinen Sachen zum Zimmer und habe beim Türöffnen einen Schreck bekommen: Ein Hochbett! Moment...ich hatte ein Bett in einemVierbettzimmer reserviert...noch dazu sah das Zimmer sehr (wie soll ich sagen?) bewohnt aus...mir war nicht wirklich klar, welches der beiden Betten ich nutzen sollte. Also Tür wieder zu und zurück zur Rezeption. "Ich glaube, ich habe das falsche Zimmer. Ich hatte etwas anderes reserviert". "Ja, ein Bett im Vierbettzimmer oder? Ich dachte, dir würde ein Zweibettzimmer vielleicht besser gefallen, aber wenn du möchtest, kannst du auch in das Zimmer einziehen, das du gebucht hast" - "Oh! Nein, ist super! Danke!" YES! Meine Pechsträhne schien also wirklich vorbei zu sein...Es schien, als hätte meine neue Mitbewohnerin das Zimmer sehr sehr lange für sich gehabt, denn sie hat sich quasi schon komplett eingerichtet. Mit Bildern und allem drum und dran 😅 Als ich mich kurz hingesetzt habe, um von Arbeit und Umzug zu verschnaufen, habe ich aus dem Augenwinkel etwas kleines schwarzes schnell über den Boden huschen sehen - um Gottes Willen! Lass das bitte bitte bitte keine Kakerlake gewesen sein! 😲 Meine Mitbewohnerin, die einige Zeit später reinkam, hat mich beruhigt...es war "nur" eine Maus. Das hat mich unheimlich beruhigt...Schädling bleibt Schädling, aber dann lieber eine Maus, als eine Kakerlake! 🙈
Insgesamt ist das Hostel hier viel besser als das alte...ruhiger, freundlichere Mitarbeiter und Mitbewohner, sauberer. Ich werde hier noch bis nächsten Samstag bleiben, dann geht es für mich in das Samesun. Ich bin gespannt, wie es dort sein wird. Dort ist das Frühstück im Preis inbegriffen, ich werde mir also zwei Wochen lang etwas Luxus gönnen und schaue dann, ob es in das günstige erste oder das mausige zweite Hostel geht...

Insgesamt geht es mir hier trotz Mini-Tiefpunkt sehr sehr gut, wie man auch an meinen diversen kulinarischen Ausflügen sehen kann: 

Porksandwich im Meat&Bread
Ramen 😍
Überstundenpizza 😋
Joghurtparfait eines Schokoladencafés


Baconburger im Five Guys

Chicken Scharwarma Teller




Bevor ich mich verabschiede, möchte ich euch aber noch ein paar Dinge verraten, die ich hier erst gelernt habe. Einige davon könnten Kanadareisenden helfen, andere sind eher unnützes, aber lustiges Wissen 😊 Habt Spaß beim Lesen 😜
10 nützliche und unnütze Dinge, die ich in den drei Wochen in Vancouver gelernt habe

1. Mit Stäbchen essen.
Ich mach das hundertprozentig nicht wie die Asiaten, aber ich kann mittlerweile Essen mit Stäbchen aus der Schüssel in meinen Mund befördern. Ganz authentisch sogar mit dazugehörigen Schlürfgeräuschen
😂 Lernen musste ich das, um mein geliebtes Ramen genießen zu können. Dies ist eine Hühnerbrühe, die mit zwei Scheiben Schweinefleisch (schon interessanter, Fleischscheiben mit Stäbchen zu essen), Frühlingszwiebeln und asiatischen Nudeln serviert wird
2. Kanadische Toiletten saugen ab
Anders, als in Deutschland werden Geschäfte kleiner und großer Art nicht weggespült, sondern weggesaugt. Fast wie im Flugzeug 😁
3. Vergesst Amsterdam, kommt nach Vancouver.
Like...really. Am 20. April war mein Hostel wie leergefegt. Trotz strömenden Regens sind die Leute alle zum 420 Festival am English Bay gepilgert, um den weltweiten Marihuanatag zu feiern. Dort gab es gratis Joints, Kekse und alles, was das grüne Herz begehrt. Ich hab die Ruhe im Hostel genossen und Netflix geschaut
😂
4. Vancouverianer sind an ihren to-go-Getränken zu erkennen.
Wenn man dazu gehören will, sollte man mit einen Kaffee to go rumlaufen. Oder mit einem Smoothie to go. Oder einen Saft to go. Irgendwas. Hauptsache man hat ein Trendy Getränk mit Strohhalm in der Hand
😎
5. Alkohol nein. Drogen ja.
Ich wusste, dass Amerika insgesamt etwas "verklemmt" gegenüber Alkohol ist...hier darf man auf offener Straße kein alkoholisches Getränk in den Händen haben. Nicht einmal eine geschlossene Flasche. Damit kann ich ganz gut leben (auch wenn in Deutschland gerade Baumblüte ist
😉). Was ich nicht verstehe ist, dass im Gegensatz dazu so sehr offen mit Drogen umgegangen wird: siehe Punkt 3 oder auch die Tatsache, dass der Platz vor dem Fenster unseres Zimmer ein beliebter Ort zu sein scheint, um sich Heroin zu spritzen. Ungelogen. Die Leute kommen hin, setzen sich auf die Decke, die dort immer liegt, packen ihr Besteck aus, machen ihre Kerze an und los gehts. Daran werde ich mich nicht gewöhnen können. Niemals. Dann lieber ein Suffi mit Fahne.
 
6. Wie kommst du zur Arbeit? Mit Bus, Bahn, Wasserflugzeug, Fähre oder Heli?
Für mich immer noch unfassbar: Heli und Wasserflugzeug gehören hier zu den gängigen Verkehrsmitteln. Die Leute im Anzug und Aktentasche steigen morgens in das Flugzeug und abends wieder aus. Diese heben hier im fünf Minuten Takt ab und fliegen hauptsächlich Vancouver Island an. Als Alternative dazu steht auch eine Fähre zur Verfügung, die allerdings ungefähr drei bis vier mal so lang für den Weg braucht. Auch der Heli fliegt hier von Küste zu Küste
7.
Wenn du dich in der Stadt verirrst: orientiere dich an einem der vielen Starbucks.
Ungelogen, hier existiert in jedem Block mindestens ein Starbucks. Und die werden auch gebraucht! Siehe Punkt 4...
8. Duschen...diese verfluchten Duschen...(alle Gas-Wasser-Heizungs-Installateure bitte bei Punkt 9 weiterlesen...)
Das wird jetzt peinlich...aber ich muss euch davon berichten. Nicht nur, um euch diese Blamage zu ersparen. sondern auch Frostbeulen oder Verbrühungen. Auch wenn ich euch nicht unterstellen will, dass ihr euch genauso dämlich anstellt wie ich...seit meinem Umzug in das andere Zimmer des ersten Hostels steht mir keine Dusche im Zimmer mehr zur Verfügung. Die war nämlich noch ganz leicht zu bedienen. Linker Hahn auf - warmes Wasser. Rechter Hahn auf - kaltes Wasser. Beide Hähne auf - perfekte Duschtemperatur. Aber mit den Gemeinschaftsduschen wurde es tricky...den diese hatten nur noch einen Hahn, der sich nur drehen ließ. Links herum - warm. Rechts herum - kalt. Zwei Wochen lang habe ich also eine der beiden Duschtemperaturen gewäht oder bin schnell zwischen beiden Alternativen hin und her gewechselt. Bis vorgestern. Da hat das System auf einmal Sinn gemacht. Seid ihr bereit, in die hohe Kunst des richtige-Temperatur-zum-duschen-in-kanadischen-Duschen-einstellns eingeweiht zu werden? Sicher? Ganz sicher??? Okay...von Anfang an: Hahn links - Wasser warm. Hahn rechts - Wasser kalt. Hahn unten in der Mitte - Wasser aus. Und jetzt kommts: Hahn OBEN in der Mitte: perfekte Duschtemperatur
🙈🙈🙈 OBEN. IN DER MITTE. OBEN!!!! Wer soll denn darauf kommen????? 😂
9. DEN oder DIE Kanadier gibt es nicht
Die Stadt lebt davon, dass alle ihre internationalen Wurzeln haben. Das macht die Abwechslung in dieser Stadt aus. Beim Kennelernen sind die ersten Fragen immer "Wo kommst du her? Wie lange bist du schon hier? Wie lange bleibst du noch hier?" Allerdings gibt es momentan sehr viele Deutsche in der Stadt, was die anderen schon ein bisschen nervt 😅

10. Debit - peep – go
Hier wird alles mit Karte bezahlt. ALLES. In dem Restaurant bezahlt vielleicht jeder 15. Gast Cash. Und das sind meistens die Touristen (wie die beiden aus Europa, die kurz vor ihrem Flug bei uns gefrühstückt haben: "Ach weißt du was? Bevor wir die kanadischen Dollar irgendwo umtauschen müssen - nimm du sie doch" Und ich:
😲😳). Es wird einem aber auch sehr leicht gemacht. Man muss mittlerweie häufig nicht mal mehr PIN eingeben oder unterschreiben. Einige bezahlen sogar mit ihrem Handy. Kartenlesegerät - Handy drauf - Zack, fertig. Ich fühle mich wie frisch aus den Neunzigern in das heutige Jahr katapultiert, wenn Leute so etwas machen 😂😂😂 "Aber du bist doch aus Deutschland, bei euch wird so eine Technologie doch entwickelt?" Meinte letztes Mal ein Gast zu mir. Ja, ich weiß ja auch nicht 😅
  
Zack, das war es für diese Woche auch schon wieder...ich hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen. Dieser Beitrag ist etwas länger geworden und sehr detailreich. Wer es bis hierher geschafft hat wird nun auch noch mit meinen persönlichen Lieblingsbildern der letzten Wochen belohnt 😉 Danke euch auch weiterhin fürs Mitfiebern und -freuen! 🙆 
Bis zum nächsten Mal,
eure Tati 
An dieser Stelle des Stanleypark nistet ein Adlerpärchen 😍
Ein Teil meiner Laufstrecke...es ist schwer, sich bei einer solchen Strecke nicht aufs Laufen zu freuen
Nein, das ist nicht mein altes Hostel 😉
Vancouver Coal Harbour
Es ist hier gesetzlich verboten, nistende Vögel zu stören 😌
Wolkenkratzer, Berge, europäische Architektur...Vancouver bietet fast alles, was das Herz begehrt
Vancouver hält oft als Filmkulisse her. So spielt die Stadt New York, Chicago oder andere Großstädte. Hier wurden viele bekannte Filme gedreht und Autogrammjäger kommen hier auf ihre Kosten, weil immer gerade irgendein großer Film gedreht wird
Blüten, soweit das Auge reicht...die Stadt zählt um die 37.000 Kirschbäume!
Die Sonne geht unter in der Seymour Street
Sommerlich lauer Frühlingsabend
Die wohl amerikanischste Straße in Vancouver 😄
Frühling in Vancouver...heißt vor allem viel Regen 😅
Richards Street am Abend
Ein Otter im Hafen 😍
We 💓 Vancouver












Kommentare